Home     Agriturismo
    LA FONTE


La Fonte

Le Case

Info

Plan

Toskana
      Arezzo
      Cetona
            Tipps
            Frateria
      Chiusi
      Cortona
      Montepulciano
      Pienza
      Sant'Antimo
      Thermen

Umbrien

Links

Kontakt und Impressum


karin@simon-schellhaas.de

Erlesene Genüsse - nur für Gäste

Ein Kloster in der Toskana mit eigener Therapie für Drogensüchtige:
Selbst darben und Feinschmecker bewirten

Von Roman Arens (Cetona)

(...) ob sich der Heilige Franziskus, der radikale Fürsprecher der Armut, an dieser Exklusivität stoßen würde? Oder würde ihm gefallen, dass junge Leute, die ihre Drogensucht überwinden wollen, sein heruntergekommenes Kloster mit zähem Aufwand wieder zu unvergleichlicher Schönheit gebracht haben? Wäre er damit einverstanden, dass sie hier von der Bewirtung zahlungskräftiger Gäste leben? Der Ordensgründer hatte den Platz oberhalb von Cetona an der Südostecke der Toskana vor 786 Jahren entdeckt. Er hatte einen Schuppen vorgefunden, in dem er Anhänger versammeln konnte. Daraus wurde der erste Konvent des Heiligen Franz von Assisi außerhalb seiner engeren Heimat in Umbrien. Die Landschaft wurde seither von Menschenhand sehr geordnet. Ihre Pracht und ihre Stille aber sind so unverändert, dass Franziskus hier auch heute ungestört mit den Tieren des Waldes reden könnte.
Als sein neuzeitlicher glühender Anhänger Pater Eligio vor gut 20 Jahren zu dem alten Konvent kam, hatte er nur den Gedanken: "Der gehört mir". Der rastlose und welterfahrene Padre, geboren 1931 in Bisentrate bei Mailand, hatte damals schon "Mondo X", seine Organisation zur Rehabilitation von Drogenabhängigen, gegründet. Der Dynamiker mit guten Beziehungen zur Geschäfts- und Fußballwelt war auf der Suche nach geeigneten Einrichtungen, in denen er seine Schützlinge unterbringen konnte. Er war schon fündig geworden in der Lombardei, in den Abruzzen, in Piemont und nun in der Toskana. (...) Das Glück, "wirklich außerhalb der Welt" im Konvent oberhalb von Cetona zu erwachen, konnten im Januar und Februar nur die dort wohnenden Rehabilitanden genießen. Die sechs Frauen und 28 Männer im Alter von 20 -33 Jahren, die nur zweimal im Jahr Besuch von ihren Eltern bekommen und das Kloster verlassen dürfen und erst nach dreijährigem Aufenthalt eine Woche Heimaturlaub erhalten, waren unter sich. Jetzt nach den Betriebsferien öffnen sich wieder Eisengitter und Tor für angemeldete Gäste, aber auch nicht für viele. Es gäbe zwar genug Leute, die mehr als DM 130 für ein Essen (ohne Getränke) und mehr als DM 300 für das (keinesfalls luxuriöse) Doppelzimmer zahlen möchten. Doch es mangelt an Platz. Das Restaurant verträgt maximal 35 Gedecke. Zum Übernachten gibt es nur 5 Doppelzimmer und 2 Suiten. Das Glück ist also knapp und teuer.
(...) Alles wird selbst gemacht, erlernt und erarbeitet. Jahrelang haben die jungen Leute an einer großen Zisterne gewerkelt, ein Fresko freigelegt, einen Raum nach dem anderen bewohnbar gemacht, den Kirchenboden mit Travertin ausgelegt, den Putz von Natursteinwänden oder - gewölben abgeschlagen - alles gestaltet nach der "Philosophie des Schönen, die uns Eligio gelehrt hat".
Diese Philosophie beherrscht auch den Betrieb in Küche und Restaurant. Die täglich aktuelle Speisekarte wird handgemalt und -koloriert. Vor den acht oder neun Gängen braucht auch der nur mäßig Hungrige nicht zu kapitulieren, weil hier die Ästhetik der Dekoration Vorrang vor den Mengen des Genusses hat. So kommt jede Speise auf einem anderen Tablett, geschmückt mit jeweils neuen Blüten und anderen Zutaten. Um die Gäste bemühen sich keine professionellen Kellner, sondern die Klosterbewohner, die das Rauschgift aus ihrer Bahn geworfen hat.
Diese "Laien" wirken auch in der Küche, die sich inzwischen in den üblicherweise gnadenlosen Restaurant-Führern einen hervorragenden Namen erarbeitet hat. Der Küchenchef, so ein vielgelesener Führer, verfolge "mit sicherer Hand eine toskanisch-schöpferische Linie". Die landesüblichen Speisen sind also eine Spur verfeinert und weiterentwickelt. Von der traditionell toskanischen Küche, die auf einfache Art der Zubereitung setzt, hat sich die "Frateria di Padre Eligio" das Prinzip einer besonders sorgfältigen Auswahl der Zutaten bewahrt. Viele kommen aus der klostereigenen Produktion, und die überall üppig verteilten Blumen werden in den eignen Gärten gezogen. Keine Frage, das Olivenöl ist ebenfalls selbstgemacht.
Stolz führen die "Gastronomen" hinunter in den gut sortierten, von Experten gelobten Weinkeller. Aber die Kloster-Bewohner selbst haben nichts davon. Der Verzicht auf Alkohol steht in einer Reihe von Entsagungen, durch die die Flucht vor den eigenen Problemen erschwert werden soll: keine Zeitungen, kein Fernsehen - auch nicht in den Gästezimmern-, kein Radio. Musikhören ist verpönt, weil man sich mit bestimmtem Rock anturnen oder weil eine canzone neue Sehnsucht nach der fernen Freundin wecken könnte. "Musik machen wir selbst", sagt einer tapfer schmunzelnd, man studiere reine Gregorianische Gesänge ein.
Während die Gäste im Restaurant Augen- und Gaumenfreuden genießen, finden sich die Arbeitsfreien unter ihren Gastgebern oft zu Lektüre und Gesprächen im einstigen Refektorium der Mönche ein. Schöner als hier unter alten Bildern kann man kaum auf harten Bänken und blanken Tischen sitzen. Ästhetischer Genuss also, wenn auch sehr unterschiedlich, für die gutsituierten Besucher und für die oft lange Jahre auf Heilung wartenden Suchtkranken. "Das größte Problem für uns ist die Zeit", sagt einer.

(erschienen in der Frankfurter Rundschau am Freitag, 6. März 1998)

Frateria di Padre Eligio
Convento di San Francesco
Dienstags geschlossen
Januar/Februar Betriebsferien.
Anmeldung unbedingt erforderlich
Tel 0578 23 80 15