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11. Etappe Arata – Palent
Matteo Laugero, der Hessi James des Mairatals
Das erste Stück des Weges verläuft angenehm schattig hinauf zum Weiler Reinero, der insgesamt einen ziemlich bewohnten Eindruck macht: ein alter Mann zieht mit seiner bunt gemischten Herde – Kühe, Ziegen, Schafe, Esel – durch die einzige Dorfstraße zur Weide; eine alte Frau schüttet einen Kübel Wasser zur Tür hinaus, zwei Nachbarinnen unterhalten sich von Loggia zu Loggia, Hier wie überall im Tal liegt das Durchschnittsalter der Bewohner jenseits des Rentenalters.
Oberhalb von Reinero besichtigen wir die alte Kirche der Parocchia di Marmora, die wie tags zuvor geöffnet ist. Auffällig die schönen Fresken außen an der Fassade und ein römisches Altarfragment im Inneren.
Hier scheint selbst die Patina schon verblichen: die letzte Messe muss Jahre zurückliegen. Doch nein, in der Sakristei ein Stillleben par excellence: auf dem Stehpult liegt eine geöffnete Bibel, zwischen den Seiten die Brille des Priesters, geradeso als habe er sie im Moment abgenommen und sein Lesen unterbrochen, um sich einem seiner Schäfchen zu widmen oder die Beichte abzunehmen. Doch weit und breit sind weder Priester, noch irgendeine verlorene Seele auszumachen ...
Draußen vor der Kirche treffen wir auf zwei Profi-Fotografen, die auf der Suche nach geeigneten Sujets hier sicher fündig werden. Auf dem Friedhof lehnen pittoresk alte schmiedeeiserne Kreuze an der modernen Urnenwand. Die Plastikblumen in Vasen an den Bildern der Verstorbenen wirken grotesk, gedenk der üppigen Blumenpracht der umgebenden Bergwiesen.
Vielleicht ein wenig melancholisch und nachdenklicher als sonst, in Anbetracht solch geballter Vergänglichkeit, setzen wir unseren Weg auf der „Strada Napoleonica“ fort. Dass Napoleon hier vorbeikam, ist eine Legende, so unser Reiseführer.
Gegen Nachmittag kommen wir in Palent an. Die Wirtin des PT und Ehefrau des Präsidenten der Associazione Percorsi Occitani begrüßt uns verhalten. Bis zur Ankunft desselben vergeht noch einige Zeit, die wir uns mit Ausruhen und ein paar Bierchen vertreiben. Gegen acht Uhr ist es dann soweit: Arriva il presidente! Wir werden in die heimische Küche gebeten und setzen uns gemeinsam mit den Wirten und deren rumänischem Arbeiter zu Tisch. Signora Laugero gibt sich wirklich Mühe. Die Antipasti stehen bereit und während wir essen, bereitet sie die weiteren Gänge zu. In der Zeit zwischen Antipasti und Dolce beweist uns Matteo il presidente , dass er zweifellos die wichtigste Person im Mairatal überhaupt ist. Er ist Herr der Percorsi Occitani. Eindrucksvoll bedient er sich zahlloser Telefone und Funkgeräte, um die Begehbarkeit unseres morgigen Weges zu erkunden und dem Padrone des PT in Macra unser Kommen zu avisieren. Wir haben allen Respekt! Was wäre der Percorso Occitano ohne einen so wichtigen Mann? Geduldig essen wir uns durchs Menü und nicken zustimmend an den hoffentlich! richtigen Stellen. Begnadet, wer da kein Italienisch versteh, aber das interessiert Matteo sowieso nicht! Zu guter Letzt dürfen wir noch von seinem berühmten Genepì kosten und voll des Lobes für die Küche der Signora verabschieden wir uns. Geschafft! Wir sind uns einig: Matteo Laugero ist kein begnadeter Erzähler, wie es im Reiseführer heißt, sondern ein gnadenloser Wichtigtuer!
Antipasti
| Bressaola (getrocknetes Rindfleisch/Bündnerfleisch) Insalata di funghi porcini freschi (Salat von frischen Steinpilzen) |
| Primo | Fettuccine al pesto |
| Secondo | Scaloppine al whisky (Kalbsschnitzel mit Whiskysoße) |
| Dolce | Crème Caramel |
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karin@simon-schellhaas.de