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8. Etappe Campo Base – Chialvetta
Da waren’s nur noch sechs ...
Gewohnt diszipliniert kriechen (noch) alle acht MairawanderInnen aus den Hüttensäcken. Jürgen hatte heute eine unruhige Nacht (es kam zu einem hemmungslosen Aggressionsausbruch, der sich gegen den friedlich schnarchenden Norbert richtete). Er ist aber am darauffolgenden Morgen wie gewohnt guter Dinge und kann sich gar nicht mehr erinnern, daß Nadja ihn angefleht hat, er möge vom armen Norbert ablassen und sich nicht ins Unglück stürzen. Norbert (der dank des beherzten Eingreifens von Nadja die Nacht überlebt hat) kann gar nicht verstehen, wieso Jürgen schlecht geschlafen haben könnte (vielleicht das schwere Essen, oder gar der Genepì?). Es wird wohl nie geklärt werden können, was der Auslöser eines solch dramatischen Aggressionschubs bei einem sonst so friedfertigen Menschen wie Jürgen gewesen sein kann?
Noch ein letztes gemeinsames Frühstück, die ultimativen gemeinsamen Meter, dann nehmen wir Abschied von Volker und Susanna, die leider verfrüht die Tour abbrechen müssen. Sie werden heute nach Dronero trampen und dort, dank Osvaldos magia im „Cavallo Bianco“ übernachten. Da waren’s nur noch sechs MairawanderInnen!
Diese nehmen den Weg zum Colle Ciarbonet unter die Sohlen. Die Sonne strahlt heute vom stahlblauen Himmel herab. Glücklicherweise sind die 700 Höhenmeter im schattigen Wald zu bewältigen. Wir kommen an der Quelle der Maira vorbei. Wer dabei an ein idyllisches Plätzchen gedacht hat, wird zumindest wochenends von den vielen Campern und Zelten enttäuscht sein. Wir ziehen zügig weiter und steigen in gleichmäßigem Schritt bergan. Auf der Hälfte des Weges treffen wir mitten im dichten Wald auf eine Herde weißer Piemontrinder.
Gegen Mittag erreichen wir die Scharte. Vor uns liegt die Bergwelt im herrlichsten Sonnenschein und wir haben den anstrengenden Teil des Tages schon hinter uns gebracht. Zeit für eine Rast, um Murmeltiere zu beobachten und Blumen zu bewundern. Leider müssen wir wieder bergab – schon schade, die mühsam erreichte Höhe immer wieder abgeben zu müssen – ein echter Nachteil der Tour. Wir wandern auf einer alten Militärstraße abwärts, Serpentine um Serpentine zieht sich die Straße endlos bergab.
Viviere, der erste Weiler, den wir passieren, war einst ein altes Partisanennest. Heute besteht er aus zwei renovierten Ferienhäusern. In Pratorotondo, dem nächsten Weiler, herrscht reges Treiben: Hier ist eine Ferienkolonie angesiedelt und zahlreiche Jugendliche bevölkern den sonst eher beschaulichen Ort.
Wenige hundert Meter weiter liegt Chialvetta, unser heutiges Ziel. Es ist ein bewohnter und gepflegter Weiler, der uns gleich sympathisch ist. Imposant wie ein Wolkenkratzer ragt der Kirchturm neben all den geduckten Gebäuden gen Himmel. Das PT macht einen gepflegten Eindruck und das TV Gerät – zwar im privaten Bereich – scheint zugänglich für das heutige Endspiel Italien-Frankreich. Auf der Veranda vor dem PT warten wir bei Cappuccino und Birra den Rest des Abends ab. Bereits um 19 Uhr wird das Essen aufgetischt und ein wenig hastig verspeist, damit niemand das Spiel verpasst. Es scheint, als werde das Essensangebot auf dieser Seite des Tals eher dem Appetit der Wanderer angepasst, weniger dem Gusto der Feinschmecker. Entsprechend rustikal fällt das Menü aus:
| Primo | Pasta mit Ratatouille (Frankreich ist einen Katzensprung über die Berge entfernt) |
| Secondo | Spezzatine zum Dritten |
| Dolce | Torta al Limone (Zitronenkuchen) |
Pünktlich zum Anpfiff sitzen Jürgen und Peter und einige französische Jugendliche in der Wohnküche des Hüttenwarts. Norbert, Nadja, Angelika und Karin machen einen kleinen Rundgang durch den Ort. Der dramatische Ausgang des Spiels und der Sieg der Franzosen lassen den PT-Wirt Rolando Colombero ziemlich kalt. „Besser so, sonst steht ganz Italien morgen still!“ kommentiert er trocken die Niederlage der Italiener. Norbert und Karin werden heute von den anderen gebeten, abseits der Gruppe in einem anderen Schlafraum zu nächtigen. Ob das was mit der Nacht zuvor zu tun hat?
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karin@simon-schellhaas.de